moschee

Begegnung Mevlanas mit Schems-i Tebrizi

(von Şefik Can Efendi)

„Schamseddin von Täbriz“ bedeutet „Die Sonne des Glaubens“. Mevlana traf Schems-i Tebrizi, der sein Leben für immer verändern sollte, Ende Oktober 1244. Es existieren verschiedene Legenden darüber, wie sich die beiden Gottesdiener begegnet sein sollten. Sefik Can schreibt in seinem Buch, wie es von Sipehsalar berichtet wird (nach der Übersetzung von Midhat Bahari, S. 168):

Schems-i Tebrizi kam in der Nacht in Konya an. Er begab sich zum Gasthaus Princiler. Da stand vor dem Eingang eine schön dekorierte Polsterbank, auf der wichtige Personen Platz zu nehmen pflegten. Auch Schems hatte sich an diesem Morgen auf dieses Sofa gesetzt. Durch das Licht der Heiligen wurde Mevlana klar, dass Schems gekommen war. Er trat aus seinem segensreichen Haus und schreitete in Richtung des Gasthauses. Auf seinem Weg rückten Leute näher zu ihm und wollten ihm die Hand küssen. Mevlana erwiderte ihnen seinen Dank, indem er ihre Köpfe streichelte und ihnen Herzensfreude schenkte… In diesem Moment wurde er vom Blick von Schems-i Tebrizi getroffen! – Mevlana wusste sofort, dass die heilige Person, über die man ihn in seinem Traum unterrichtet hatte, diese Person sein musste. Er sagte nichts und setzte sich Schems gegenüber auf das Sofa. Für eine Weile schwiegen sie, dann begannen sie zu reden.

Shems:

„Ist Mohammed – Friede sei mit ihm – oder Bayezid grösser?“

Mevlana:

„Was ist das für eine Frage, natürlich ist Mohammed – Friede sei mit ihm – grösser.“

Schems:

„Gut, aber Mohammed – Friede sei mit ihm – sagte: ‚Manchmal verschleiert sich mein Herz. Deshalb suche ich Zuflucht bei meinem Herrn und bitte Ihn siebzig mal um Vergebung.‘ Doch Bayezid sagte: ‚Ich halte mich fern von den unvollständigen Attributen. Mein Geschöpf, was für ein grosses Ereignis ist diese Erscheinung. In der Robe, die ich trage ist nichts als Allah.‘ „

Mevlana:

„Mohammed – Friede sei mit ihm – erlebte täglich siebzig geistige Stufen. Bei jeder neuen Stufe und jedem neuen Rang, den er erreichte, schämte er sich über seinen vorherigen Zustand und bat Gott seiner Unwissenheit wegen um Verzeihung. Bayazid jedoch war bei der ersten geistigen Stufe, die er erreicht hatte, so verwirrt und ausser sich, dass er solche Äusserungen von sich gab.“

Nach diesem Gespräch haben sich die beiden grossen Gottesdiener die Hände gedrückt und sich umarmt. So entzündete sich eine Flamme in den Herzen der beiden mit einer solchen Intensität, dass sie alles um sich herum vergassen und sich sechs Monate lang in der Zelle Dschelaleddins Zerkubi, des Goldschmieds in Abgeschiedenheit unterhielten. Schon nur indem Mevlana ins Gesicht von Schems blickte, wurden ihm Geheimnisse offenbart. Er sah Dinge, die er sonst nicht sehen konnte. Er hörte Sachen, die sonst niemand hören konnte. Ja, der Schatten Mevlanas war im göttlichen Licht des Gesicht von Schems verschwunden. Die beiden waren durch diese Nähe, diese Freundschaft und Göttliche Liebe, die sie füreinander empfanden, gleichsam ineinander verschmolzen und aufgelöst.

Die Leute von Konya jedoch waren nun neidisch über diese Verbundenheit, diese Freundschaft, Begeisterung und Liebe, die Mevlana und Schems füreinander empfanden. Und Schems fühlte, dass die Gefühle der Leute von Konya ihm gegenüber zunehmend feindlicher wurden, und so verliess er, ehe es zu Unannehmlichkeiten kam, im Februar 1246 die Stadt.

Mevlana war sehr traurig und untröstlich über diese Trennung. Nach langem Warten erhielt Mevlana endlich einen Brief von Schems aus Syrien. Daraufhin schickte er seinen Sohn Sultan Weled mit Gold und Silber versehen und in Begleitung von zwanzig Männern nach Syrien, um Schems zurückzuholen.

So kam Schems am 8. Mai 1247 wieder  nach Konya zurück. Als Schems Mevlana erblickte, stieg er von seinem Pferde… Sie umarmten sich – und die geistigen Meere vereinten sich wieder.

Doch es dauerte nicht lange und die feindlichen Gefühle gegenüber Schems kamen wieder auf. In der Zwischenzeit hatte Schems Kimya geheiratet, eine wunderschöne Frau, die er sehr liebte. Mit ihr lebte er in einem kleinen Raum innerhalb von Mevlanas Haus. Alaeddin Celebi, Mevlanas zweiter Sohn, pflegte diesen Raum zu durchqueren, wenn er seinen Vater besuchen wollte. Eines Tages bat ihn Schems nun, diesen Raum nur mehr mit Anstand und Respekt zu betreten. Darauf wurde der Hass, den Alaeddin Celebi seit längerem dem Freund seines Vater gegenüber hegte, noch grösser. Kurze Zeit nach der Hochzeit verstarb Kimya und wenig später verschwand auch Schems und kehrte nie mehr zurück. Man sagt, an seinem Verschwinden sei auch Mevlanas jüngerer Sohn beteiligt gewesen.